Gilbert Blin

Gilbert Blin

Gilbert Blin, Operndirektor des Boston Early Music Festival, erlangte 2018 seinen Doktortitel an der Universität in Leiden. Er studierte Theatergeschichte und Regie an der Pariser Sorbonne. Nach seinem Studienabschluss im Jahr 1986 fokussierte er sich auf Rameaus Opern und auf ihre Verbindung mit der Bühne. Seitdem widmete sich Gilbert Blin auch der französischen Oper und ihrer Beziehung zum Barocktheater, wobei er seine fachliche Tätigkeit erweitert hat und zum Historiker, Regisseur und Bühnen- und Kostümbildner wurde. Seine Operninszenierungen bezeichnete die amerikanische Presse als erfindungsreich, zauberhaft, prächtig, wunderschön, überwältigend und außerordentlich rührend.
 
Gilbert Blin debütierte 1991 an der Opéra de Nancy mit Massenets Werther. 1994 führte er zusammen mit dem Dirigenten Laurent Petitgirard eine neue Fassung von Werther für die Opéra-Comique in Paris auf. 1995 führte Gilbert Blin für dasselbe Theaterhaus Regie bei der Inszenierung von Delibes Lakmé, die in Frankreich bis 2000 häufig erneuert wurde. 1996 war er Dramaturg von Bizets Carmen in der Regie von David Radok für die Königliche Oper in Kopenhagen. 1999 war Gilbert Blin der erste französische Regisseur, der von der Staatsoper in Prag eingeladen wurde: seine Inszenierung von Meyerbeers Robert le Diable unter der musikalischen Leitung von Vincent Monteil erfreute sich großer Beliebtheit beim Publikum und wurde mehrere Saisonen gespielt.
 
Während seiner Karriere inszenierte Gilbert Blin überwiegend Glucks Opern. Er war der französische Berater Arnold Östmans bei der Inszenierung von Iphigenie auf Tauris (Drottningholm, 1990) und Alceste (Concertgebouw, Amsterdam, 1993). Als Regisseur des Theaters Drottningholm führte er 1992 die Inszenierung Orpheus und Eurydike auf. Von dieser ersten modernen Inszenierung der „Parmer Fassung“ von 1769, die von Arnold Östman dirigiert wurde, wurde eine Video- und Tonaufzeichnung angefertigt und 1998 wurde sie im Rahmen des Gluck-Festivals, das im gleichen Jahr stattfand in dem Stockholm von der EU zur Europäischen Kulturstadt gewählt wurde, erneuert. 2016 schuf Gilbert Blin für die Washington Universität in Seattle eine Neuinszenierung von Glucks Oper Orpheus und Eurydike aus dem Jahr 1774.
 
Zu seinen szenischen Realisierungen der Opern des 18. Jahrhunderts zählt auch die Neuinszenierung von Vivaldis Orlando unter seiner Regie für die Staatsoper in Prag im Jahr 2001 sowie die szenische Rekonstruktion von Vivaldis Oper Rosmira fedele für die Opéra de Nice im Jahr 2003. 2007 kehrte Gilbert Blin in dieses Theater zurück um Bühnenbild, Dekorationen, Kostüme und Licht zu seiner hoch gepriesenen Inszenierung von Händels Oper Teseo zu entwerfen. 2021 führte er Regie und gestaltete auch das Bühnenbild zur Inszenierung der Oper Il Tigrane von Alessandro Scarlatti, die von Gilbert Bezzina dirigiert wurde. Für das Ensemble Baroque de Nice rekonstruierte er auch die Römische Fassung von Scarlattis Oratorium La Giuditta. Seit 2006 arbeitet Gilbert Blin an der Rekonstruktion von ursprünglichen Kulissen und Kostümen zu Mozarts Opern. 2006 und 2016 präsentierte er zusammen mit dem Regisseur Lubor Cukor im Prager Ständetheater die Oper Don Giovanni und 2008 in der Opéra de Nice Figaros Hochzeit. 2015 bot Gilbert Blin ein Pasticcio dar, das Pergolesis komische Werke La serva padrona und Livietta e Tracollo verknüpft. Diese Inszenierung wurde 2017 für das Boston Early Music Festival erneuert.
 
Gilbert Blin stellte sich erstmals in Amerika 2001 beim Boston Early Music Festival mit der kompletten Inszenierung von Lullys Thésée bei der er Regie führte beim Festival in Tanglewood vor. 2007 kehrte er zum BEMF zurück und führte zusammen mit den Musikregisseuren Paul O'Dette und Stephen Stubbs bei Lullys Psyché im Cutler Majestic Theatre in Boston Regie. 2008 wurde er Hausregisseur des Boston Early Music Festival und 2011 führte er Regie bei Stefannis Oper Niobe, Regina di Tebe für die er auch das Bühnenbild entwarf. 2013 führte er beim Boston Early Music Festival mir großem Erfolg Händels Almira auf und er wurde zum Operndirektor des Festivals ernannt. Zum Auftakt der Kammeropern des BEMF inszenierte Gilbert Blin 2008 Blows Venus und Adonis und Charpentiers Actéon. 2010 entstand seine Inszenierung von Purcells Oper Dido und Aeneas. Im Rahmen der gleichen Serie wurde 2009 in Boston erstmals Händels Oper Acis und Galatea aufgeführt, die anschließend auf Tournee in den USA und in Kanada ging. 2011 kehrte Gilbert Blin zum französischen Repertoire zurück und gestaltete eine Inszenierung die Charpentiers La Couronne de Fleurs und La Descente d'Orphée aux Enfers verknüpfte. Anschließend wirkte er auch als Dramaturg bei der Aufnahme dieser Meisterwerke Charpentiers durch Paul O'Dette und Stephen Stubbs, die einen Grammy erhielten. Die Inszenierung ging 2014 auf Tournee in Nordamerika. Nach der berühmten Inszenierung der Oper L'incoronazione di Poppea beim Boston Early Music Festival im Jahr 2009 führte Blin 2012 Monteverdis Orpheus im Rahmen des Kammeroper-Zyklus auf und 2015 die Oper des Komponisten Il ritorno d'Ulisse in patria. 2015 wurde beim Festival „Monteverdis Trilogie“ aufgeführt.
 
Zu den letzten Produktionen des Boston Early Music Festival zählen 2016 Charpentiers Les Plaisirs de Versailles zusammen mit Lalands Les Fontaines de Versailles für den Kammeroper-Zyklus, Campras Le Carnaval de Venise für das Festival von 2017, Alcina Francesco Caccinis für das Festival von 2018, Steffanis Orlando generoso für das Festival von 2019 und Telemanns Pimpinone für das Festival von 2021.
 
2022 präsentierte Gilbert Blin zusammen mit den Musikdirektoren Paul O'Dette und Stephen Stubbs Lullys Idylle sur la Paix und Charpentiers La Fête de Rueil für Boston, Miami und New York.
 
Gilbert Blin verfasste seine Doktorarbeit an der Academy for Creative and Performing Arts unter der Leitung von Professor Ton Koopman und Professor emeritus Frans de Ruiter. Der Titel seiner Dissertation lautet “The Reflections of Memory” an account of a cognitive approach to Historically Informed staging.”
Dank seiner umfangreichen Arbeit im Bereich der Theorie und Praxis wurde er als Vortragender von der Schola Cantorum in Basel, dem Königlichen Konservatorium in Haag, der Université de Paris-Sorbonne und der The Juilliard School of Music in New York eingeladen.

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